Ich wurde 3-mal Opfer von Vergewaltigungen, über die es mir bis heute schwerfällt zu sprechen. Bei einer davon wurde ich mit KO-Tropfen betäubt und regelrecht aus dem Club entführt. Ich fand meinen Weg immer wieder in toxische Beziehungen, die die Kerbe in meiner Seele nur noch tiefer rissen und es mir schier unmöglich machten zu heilen. Die Antwort darauf, und meine Überlebensstrategie, um nichts zu fühlen, zu verdrängen und mit den Seelenqualen und den brutalen Misshandlungen an Geist und Körper fertig werden zu können, waren 15 Jahre exzessiver Drogen und Alkoholkonsum. In dieser Zeit bekam Sex einen neuen Stellenwert für mich. Ich lernte, dass Männer sich wie die Motten zum Licht angezogen fühlten von meiner sexuellen Energie. Des Weiteren lernte ich auch, dass Sex eine Möglichkeit bot, mich für eine kurze Weile „bedeutsam“, „geliebt“, „gesehen“ und „gewollt“ zu fühlen.
Ich bekam so die ersten unbewussten Eindrücke davon, wie kraftvoll diese Energie sein kann.
Der Autor OSHO beschreibt Sex als ein Gateway zur superconsciousness/ Überbewusstsein. Leider diente sie mir zu der Zeit nicht wirklich als diese Art Tor, sondern mehr als Bewältigungs- und Verdrängungsstrategie; sowie Party und Drogen auch. ONS (one night stands) waren mein Lieblings-Fix, um zu fühlen und gleichzeitig nicht zu fühlen. Noch heute mag ich ONS sehr. Nur befriedigen sie heute Bedürfnisse sowieso Lust, Leidenschaft, Begierde &Verlangen ohne den Drang/Zwang dahinter sich bedeutsam, wertvoll, gesehen oder verstanden fühlen zu wollen. Diese Bedürfnisse befriedige ich schon lange nicht mehr im Außen, sondern habe mittlerweile verstanden und gelernt, dass niemand im Außen diese zu befriedigen vermag.
Nur ich allein, und nur von Innen heraus, kann mir das Gefühl der eigenen Bedeutsamkeit geben, das Gefühl voller Wert und wertvoll zu sein. ICH muss mich sehen um gesehen zu werden und ICH muss mich verstehen um verstanden zu werden.
Es hat viele anstrengende und energieraubende Jahre gedauert, in denen ich gefangen war in denselben Mustern. Immer dieselben Schleifen drehte, oft verzweifelte und dachte es wird sich nie etwas ändern, DU wirst dich nie ändern, bis ich dann endlich begriff, dass es nie darum ging sich zu ändern. Sondern es nur darum ging, ehrlich mit sich SELBST zu sein, sich SELBST zu sehen, sich SELBST zu fühlen, und sich SELBST zu verstehen und sich SELBST zu akzeptieren so wie man ist. Sobald ich das verstanden hatte, änderte sich auf einmal alles, und das, OHNE dass ich die Essenz meiner Persönlichkeit ändern musste.
Es war sehr schwer mein durch Missbrauch und Brutalität gefärbtes und erlebtes sexuelles Verständnis zu heilen und das verzerrte Bild abzulegen.
Es war schwer sich von den Fesseln von Schuld & Scham zu befreien und loszueisen.
Es war schwer endlich die zu sein, die ich tief in meinem inneren schon immer war.
Es war schwer sich von alten Glaubenssätzen und Denkmustern, die besonders uns Mädchen von klein auf an über Sexualität und unseren weiblichen Körper beigebracht und eingebläut werden, loszulassen.
Es war schwer für mich als Frau, für meine tabulose weibliche Lust und meine sexuelle Orientierung einzustehen. Mich vom Status Quo loszueisen und von den Vorurteilen und Verurteilungen der Familie, der Gesellschaft und Freunden zu befreien.
Es war schwer für mich, meine Grenzen, sowie meine Wünsche und Bedürfnisse klar und deutlich zu kommunizieren und einzufordern.
Es war unfassbar schwer, ABER es war niemals unmöglich.
Heute habe ich Sex, wenn ich das Bedürfnis danach verspüre. Heute habe ich Sex, weil ich Sex liebe, aber vor allem, weil ich MICH liebe. Ich liebe es, wenn sich die Wellen der Lust und Leidenschaft in mir aufbäumen wie eine stürmische See, und sich dann in feuriger Begierde niederschlagen und jede Faser meines Körpers eingenommen wird von dieser kraftvollen Energie und ich mich unendlich lebendig, vibrierend und verbunden mit mir selbst, meiner*m Partner*in und dem Ursprung Allens fühle.
Heute bin ich auch keine Brauchende mehr. Heute gehe ich Beziehungen ein, nicht um mich vollkommen zu fühlen, sondern um dem Gefühl der eigenen Vollkommenheit auch das Gefühl der Zweisamkeit und der feurigen Intimität beiwohnen zu lassen.
Heute bin ich mir bewusst über die unsagbare Kraft, die ihren Ursprung in unserem weiblichen Schoß hat.
Die weibliche Lust ist die Kraft, die Leben schenkt. Und genauso wie sie neues Leben schenkt, schenkt sie auch Dir Leben und verbindet jede einzelne Zelle in Deinem Körper zu dem wundervollen, lebendigen, vibrierenden Geschöpf, das du bist.
Heute weiß ich, dass diese Kraft uns nicht nur zur Reproduktion dient oder dazu sie im Akt zu entladen, sondern dazu uns zu erden, zu verankern und uns unsagbar lebendig zu fühlen. Genauso wie sie einen Baum mit seinen tiefen, starken Wurzeln fest im Boden hält, genauso fest verankert unsere sexuelle Energie uns mit uns selbst, unserer Umwelt, unseren Urinstinkten, und der Essenz unserer Weiblichkeit.
Heute weiß ich, dass diese Kraft niemals Fluch, sondern schon immer ein Segen war.
Und heute weiß ich auch, dass wenn uns der Zugang zu unserer weiblichen sexuellen Energie fehlt und wir nicht wissen, wie wir sie aktivieren sollen, oder mit ihr umgehen, sprich sie am besten kanalisieren sollen, wir uns fühlen, als würden wir blind umherirren, ständig suchend, nach dem/der perfekten Partner*in, Aufmerksamkeit, Liebe, Verständnis, Zuneigung, Geborgenheit, Sicherheit und mehr. Sie ist der Zündstoff für das Feuer, das in jeder von uns brennt.
„Sex und sexuelle Energie gehen zwar Hand in Hand, sind aber zwei vollkommen unterschiedliche Paar Schuhe. Ohne Sex kannst du leben, ohne sexuelle Energie vertrocknest du wie eine Blume in der Wüste.“